Nigella Lawson und Yotam Ottolenghi an einem Abend – und noch besser direkt bei mir zuhause? Gibt´´´s, wenn der DK Verlag virtuell einlädt zu einem schönen Gespräch über zwei neue Kochbücher und die zwei Stars dabei sind.
In meinem Leben gibt es zwei simple Weisheiten: Wenn du nett zu mir bist, dann mag ich dich. Und wenn du mich einlädst, dann komme ich grundsätzlich gerne. Deshalb war ich natürlich sofort dabei.
Zwei neue spannende neue Kochbücher
Die beiden Kochbücher, die vorgestellt wurden, sind gerade brandneu auf dem Markt. Nigella Lawson hat „Kochen, essen, leben. Küchengeschichten & Kochgeheimnisse“ verlöffentlich. Im Englischen „Cook. Eat. Repeat.“ – sehr catchy. Und Yotam Ottolenghi hat mit seiner OTK – Ottolenghi Test Kitchen – das Buch „Shelf Love. Neue Rezepte aus der Speisekammer.“ geschrieben.
Beide versprechen Bestseller zu werden. Und beide haben eine Gemeinsamkeit, die sich auch in der Gleichzeitigkeit der Veröffentlichung zeigt:
Diese Kochbücher wurden im Lockdown geschrieben.
Lockdown – allein und viel Zeit zum Schreiben
Nigella verrät im Gespräch, dass sie viereinhalb Monate allein zuhause war. In dieser Zeit hat ihr vor allem die Besinnung auf das Verlässliche Halt und Struktur gegeben – Kochen und Essen. Sie spricht davon, wie Mahlzeiten die „emotionale Temperatur eines Tages“ mitbestimmen können – eine Erfahrung, die sicher viele von uns gemacht haben. Dass vor allem gutes Essen eine wichtige Rolle dabei gespielt hat, wie wir uns fühlen und wie wir die Pandemie aushalten.
Das Schreiben hat sie außerdem mit der Welt verbunden – mit den Leser*innen, die das Kochbuch später in Händen halten werden.
Lockdown – Familientrubel und Kantinengefühle
Bei Ottolenghi sah die Situation ganz anders aus. Seine Bücher entstehen inzwischen immer mehr als Gruppenleistung – deshalb steht auf dem neuesten Buch auch nicht sein Name, sondern OTK – Ottolenghi Test Kitchen. Er lässt sich gerne beeinflussen und scheint ein echter Teamplayer zu sein.
Auf jeden Fall war das Gespräch vor allem durch seinen Humor wunderbar kurzweilig. Er war mit seinem Ehemann und den beiden Jungs in Irland und hatte im Gegensatz zu Nigella eher zu viel als zu wenig Gesellschaft.
Das Kochen mit der Test Kitchen bekam im Lockdown aber vor allem noch eine neue Dimension: Statt „nur“ Gerichte zu entwickeln und zu testen, wurde das Gekochte vor allem direkt genutzt, um die Familien zu verpflegen. Das Kantinengefühl, dass in mancher Familie in den Lockdowns aufkam, hat er also wohl auch gespürt.
Gleichzeitig hat er mit seinem Team das Testen auch dahingehend geöffnet, dass viel auf Instagram geteilt und diskutiert wurde. An dieser Stelle KEIN Dank an Instagram für den vermurksten Algorithmus, der mir das nicht angzeigt hat.
Back to the roots – Was kochen wir heute?
Beide Bücher haben – aus der Pandemie und den verschiedenen Bedürfnissen an das Kochen heraus – eine gewisse Rückbesinnung gemeinsam.
Nigellas Buch hält über 100 Rezepte parat, aber sie gibt vor allem viele Einblicke, wie sie kocht – chaotisch und minimalistisch und ohne Technik, wie sie sagt. Und sie erklärt viel zu den Grundsäulen ihres Verständnisses von Kochen. Wer das Buch aufschlägt, stolpert zum Beispiel sofort über die Sardelle. Ein Kochen ohne Sardellen und Pastawasser scheint möglich, aber sinnlos.
Back to basic – Was kochen wir heute?
Ähnlich ging es dem OTK Team. Einkaufen war auf einmal wie eine Expedition zum Mond. Teile des Teams saßen außerdem in unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Angeboten an Lebensmitteln.
Die Frage war: Wie können wir trotzdem etwas Tolles kochen? Wie können wir das nutzen, was wir alle zuhause haben? Es ist eine Rückbesinnung auf die Vorratskammer, um tolle Gerichte zu zaubern, die trotzdem überraschen.
Einig, dass sie uneinig sind
Es gibt trotzdem Unterschiede zwischen den beiden. Nigella nennt Ottolenghi einen Maximlisten – wohingegen sie selbst sich als „messy minimalist“ bezeichnet. Zutaten müssen sich bei ihr erst ihren Weg in die Küche verdienen – sie weicht im Zweifel aus auf das, was sie hat und ersetzt Dinge einfach.
Wer jemals ein Ottolenghi Buch durchgekocht hat, der versteht sofort diesen Seitenhieb. Yotams Faszination für die nordafrikanische Küche und die Küche der Levante bringen manche Leser*in zur Verzweiflung, wenn es um exotische Zutaten geht. Mein Gewürzregal kann ein Lied davon singen – manches wurde nie wieder genutzt.
Zwei Kochbuch Stars unter sich
Wenn die beiden darüber sprechen, wie sie es konstant als Herausforderung sehen, gute Kochbücher zu schreiben, freut sich mein Kochbuch Podcast Herz. Das sind genau die Themen, die mich interessieren.
Beide sind sich einig, dass das Wichtigste ist, dass die Rezepte gelingen. Nigella erzählt, dass sie teilweise Backrezepte verschickt, damit sie in unterschiedlichen Öfen getestet werden! Wow!
Beiden geht es darum, den Leser*innen Selbstvertrauen zu geben beim Kochen – dadurch, dass das Gericht gelingt und sie etwas gelernt haben. Oder wie die Verlegerin Monika Schlitzer – die das Gespräch moderiert – sagt: Jedes Rezept ist eigentlich ein kleiner Mini-Kochkurs.
Tipps zum Nachkochen:
Nigella über Yotam und Yotam über Nigella
Ich möchte auf jeden Fall hier am Ende noch die Lieblingsrezepte teilen, die beide aus dem jeweils anderen Kochbuch genannt haben. Yotam Ottolenghi schwärmte vor allem von der Lasagne, die wohl sein Mann gerne kocht. Genau diese Rezepte werde ich übrigens auch nachkochen. Wer ist dabei?
Yotam Ottolenghis Lieblingsrezepte aus „Kochen, essen, leben,…“:
Lasagne aus Liebe, S. 171-176
Hähnchen im Topf mit Zitrone und Orzo, S. 160-163
Spaghetti mit Mangold, Chili und Sardellen, S. 18-21
Nigella Lawsons Lieblingsrezepte aus „Shelf love“
Rauchige, cremige Pasta mit gerösteter Aubergine und Tahin, S. 146
Röstkartoffeln mit Aioli und Pinienkernbutter, S. 78
Juwelenreis mit Lamm, Hähnchen und Knoblaujoghurt, S. 144
Starstruck und inspiriert
Eine erstaunlich kurze, lustige Stunde war das. Ich habe richtig Lust bekommen, zu kochen. Kochbücher zu testen. Hier stapelt es sich inzwischen bisschen. Vor allem das „back to basic“ reizt mich, weil für die Familie kochen durch den Lockdown irgendwie anders geworden ist. Es hält uns mehr zusammen. Das ist vielleicht etwas, was bleiben wird:
Die Verlässlichkeit der Küche und der guten Gefühle, die man dort einfach selbst zubereiten kann – auch in schwierigen Zeiten.