Saint John Studio, das klingt nach London oder New York. Nach einem coolen Loft, in dem das Kochbuch entstanden ist. Tatsächlich ist das Studio in Hamburg und Jule und Sarah stecken dahinter, die sich Design, Fotografie und Essen verschrieben haben. „Winter“ ist ihr erstes Kochbuch und „Sommer“ soll im Christian Verlag noch folgen. Es ist ein Buch über Gastlichkeit, über das Sitzen an großen Tischen und das Zusammensein. Und das macht uns Menschen bekanntlich besonders glücklich. Schafft das auch dieses Buch?

Layout und Bilder
In meiner Weihnachtspodcast-Folge zu Kochbuch Geschenken habe ich dieses Buch spontan mit aufgenommen. Weil ich Saint John Studio von Instagram kenne und die Ästhetik der Bilder und Texte sehr liebe. Meine Empfehlung war damals spontant das Buch als Geschenk für den Schwager zu verpacken, der Architekt ist und auch gerne kocht. Dabei hatte ich das Buch noch gar nicht vorliegen. Das war mein erster Eindruck und der hat sich auch bei näherer Betrachtung bestätigt. Die Bilder sind wunderbar mit dem Layout des Buch in Einklang, das von Kim Aichholz von studio zitrone ist.
Es ist ein Winter Buch – und manche Bilder sind deshalb auch dunkel. Manchmal ist das fertige Gericht zu sehen, manchmal ein Zwischenschritt oder die Zutaten. Dennoch hatte ich nie das Gefühl, keinen Eindruck vom Ergebnis des Rezepts zu haben. Interessant, oder? Denn ich kann mit Büchern ohne Bilder oft nichts anfangen, weil mich gerade die Food Fotografie inspiriert und meinen Appetit weckt.
„Winter“ gehört auf jeden Fall zu den Büchern, die sich auch wunderbar auf einem Coffeetable wohl fühlen und damit klar kommen, wenn nichts aus ihnen konkret gekocht wird. Warum?
Texte
Das Kochbuch von Saint John Studio will inspirieren und anregen, Feste zu feiern. Es beginnt im Oktober mit Halloween und endet mit Ostern – weiter kann man den Winter auch wirklich nicht fassen. Aber frei nach dem Motto „man soll die Feste feiern wie sie fallen“ haben die Autorinnen alle Feierlichkeiten zusammengetragen, die sie selbst begehen und sie direkt zu Anlässen gemacht. Das haben sie mir so im Gespräch im Kochbuch Podcast erzählt. Dazu gehören auch einige Geburtstage, die es ins Buch geschafft haben und so auch Freunde und Familie der Autorinnen einbinden. Aber auch kleinere Feste wie der Barbara Tag im Dezember und der Saint Patricks Day werden direkt genutzt, um drumherum ein Beisammensein zu schaffen.
Jule und Sarah lieben es, Gastgeberinnen zu sein. Das merkt man dem Buch mit jedem Wort an. Sie beschreiben, was für sie zu einem schönen Tisch gehört und was die Feste für sie bedeuten. Und mit jedem Satz habe ich mich zumindest mehr inspiriert gefühlt, auch ein Fest zu feiern. Die Sehnsucht nach einem Tisch voller Freunde wurde immer größer bis zum Ende des Buchs. Das hat sich wunderschön angefühlt.
Rezepte
Ich habe mehrere Gerichte aus dem Buch nachgekocht. Der echte Ofenkürbis war ein toller Hingucker, lustigerweise gerade als wir tatsächlich Besuch hatten. Er ist gefüllt (Optik!) mit Graupen und Fenchel und während ich das hier schreibe, bekomme ich direkt wieder Appetit darauf.
Die fabelhaften Brownies waren so gut, dass ich es kaum glauben konnte. Tatsächlich habe ich schon sehr oft Brownies gebacken, und alle waren harte Brocken. Aber mit diesem Rezept schwöre ich der gelingsicheren Backmischung ab. Bei Interesse an meiner super Backmischung, gerne melden.
Die Minestrone war ein echter Aha Moment. Eine Suppe ist eine Suppe ist eine Suppe? Diese hier hat noch ein paar Salsiccie im Ärmel als Ass. Der Geschmack dadurch ist unglaublich lecker. Und genau wie im Buch beschrieben wärmt die Suppe durch und durch – gerne auch aufgewärmt am nächsten und übernächsten Tag.
Wintersalate habe ich erst vor zwei Jahren für mich entdeckt. Radicchio mit rote Beete zu kombinieren, wäre mir aber nicht in den Sinn gekommen. Ich habe die Kumquats zwar durch Blutorange ersetzt, aber das macht ja nix.
Wir essen hier fast alle gerne Reis, eine Person isst gerne Fischstäbchen. Zack, Fischstäbchen-Sushi. Danke für diesen Tipp – wir hatten so viel Spaß damit am Tisch!
Der Fenchel-Orangen-Salat hat sich ebenfalls in mein Herz geschlichen. Du magst jetzt anmerken: Moment mal, wo ist denn da was Neues dabei? Bahnbrechende geschmackliche Revolutionen für zuhause? Den Anspruch hat das Buch eher nicht. Vielmehr geht es um das große Ganze. Die Rezepte selbst sind die Inspiration für schöne Abende, eigentlich eher so etwas wie der Anstoß. Je mehr man davon kocht oder liest, desto größer wird tatsächlich die Sehnsucht, den Tisch mit lieben Menschen zu füllen um mit ihnen zu essen. Und die bestechende Einfachheit der Gerichte senkt die Schwelle, den Aufwand zu wagen.
Wenn es doch anstrengend wird, dann gab es hoffentlich Matcha Creme als Dessert. Auf dem Instagram Account von Saint John Studio wurde in den Tagen meines Test ein Matcha-Mi-Su gemacht, und genau das habe ich dann auch auf Basis des Rezepts im Buch. Köstlich! Das zieht dich genauso hoch, versprochen. Und die Farbe tut das ihre dazu!
Gnocchi mit Grünkohl? Nie probiert und ehrlich gesagt habe ich auch wirklich viel zu lange keine Gnocchi mehr gemacht. Aber wenn es ein Buch schafft, mich aus der Reserve in die Küche zu locken, dann finde ich das einfach großartig.
Zwei Gerichte stehen noch ganz oben auf meiner „nachkochen“ Liste: Der panierte Chicoree, nicht zuletzt, weil mir der wärmstens in der Podcast Folge von Jule und Sarah empfohlen wurde. Und das gefüllte Hähnchen mit Flower Sprouts. Mal sehen, ob und wann die dran sind.
Fazit
Man kann das Rad nicht neu erfinden, und ein paar klassische gute Rezepte vielleicht auch nicht. Ich finde die Sammlung an Gerichten sehr gelungen. Von kleineren, leicht umsetzbaren Leckereien für jeden Tag bis zu komplexeren Dingen für große Feste ist alles dabei. Alles kommt irgendwie mit einer gewissen Leichtigkeit daher und lässt einen das Gläser spülen, aufräumen und erschöpft sein nach Festen wirklich komplett vergessen.
Mich hat „Winter“ an zwei von mir geliebte Kochbücher erinnert. An Nigel Slaters Bücher, die es schaffen, seinen Appetit einzufangen und dabei noch Geschichten drumherum erzählen. Und an meines meiner Lieblinge im Kochbuch Regal: „Herdwärme“ von Okka Rohd. Ein Kochbuch von einer Journalistin geschrieben, die das Kochen für sich erschließen wollte und einfach nach und nach bei Profis recherchiert hat, um eine stabile Sammlung zu schaffen, die alle Tricks und Kniffe enthält. Dazwischen auch hier wunderschöne Texte.
Das Buch von Saint John Studio hat mich irgendwie für sich eingenommen und eine Seite in mir wieder zum Klingen gebracht, die ich mit der Pandemie ein bisschen vergessen haben. Die der leidenschaftlichen Gastgeberin, die dabei möglichst mühelose Gerichte auf den Tisch stellen will, die dennoch irgendwie ein bisschen Eindruck schinden (und mir vor langer Zeit den Rufe eingebracht haben, ich könne kochen. Was damals definitiv nicht der Fall war.).
Ein Buch für…
Ich empfehle „Winter“ immer noch dem Schwager, der Architekt ist. Die Bilder und der Look sind einfach wunderschön. Kein Schnickschnack aber ein so harmonisches Gesamtbild, dass es auch die Ruhe des Winters einfängt. Außerdem ist es das richtige Buch für Menschen, die Kochbücher lesen – vielleicht sogar ohne daraus zu kochen. Und auf jeden Fall für Menschen, die die Muße haben, sich dem Buch zu widmen und den Funken überspringen zu lassen. Ein bisschen Zeit muss man ihm widmen, dann ist es, als würde eine gute Freundin ihre Geheimnisse für einen wonnigen Abend teilen.
Der Podcast zum Kochbuch „Winter“

Im Podcast mit Jule und Sarah kommt das Gefühl mit der guten Freundin noch mehr heraus. Hör dir unbedingt die Folge an. Das Gespräch hat großen Spaß gemacht und ich träume mich jetzt immer mal wieder an ihren schönen Tisch in Hamburg – bis es Wirklichkeit wird, dass wir dort gemeinsam sitzen.
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